10 Tage, 1 Prolog und 9 Etappen, 953 Rad-km und unzählige Auto-km, 7 unterschiedliche Hotels und jeden Tag Vollgaaaaas, das war der Giro Rosa, der Giro d’Italia der Frauen, und ich möchte keinen Tag des wichtigsten Etappen-Rennes der Frauen missen.
Am 3. Juli 2014 startete also mein Giro Rosa Abenteuer. Von Wien ging es mit dem Flugzeug nach Rom und dann mit dem Auto weiter nach Caserta, wo der Prolog und die ersten drei Etappen ausgetragen wurden. So konnten wir zumindest die ersten drei Tage in einem Hotel bleiben, bevor nach der 3. Etappe die ewigen Transfers mit dem Auto zum nächsten Etappen-Start erfolgten. Ab der 3. Etappe sah der Tagesablauf ungefähr so aus: 8:00 Frühstück, 10:00 Abfahrt, 12:00 Start, ca. 15:00 Zielankunft, 3-5 h Transfer; 21:00 Abendessen, danach Massage und um 23:00 ins Bett.
Den Prolog über 2 km habe ich gleich einmal richtig vermasselt. Ich fühlte mich bei den schlechten Lichtverhältnissen (Start um 22 Uhr, Straßenlaternen) und auf dem furchtbaren Kopfsteinpflasteres so unsicher, dass ich mit angezogener Handbremse gefahren bin. Dementsprechend katastrophal war auch das Ergebnis. Am nächsten Tag sollte die erste Etappe für Sprinter auf einem Rundkurs starten, wobei sich schon nach der ersten Runde herausstellte, dass der Berg eine frühe Selektion herbeiführen würde. Aber auch die schlechten Straßen führten zu zahlreichen Stürzen und waren an der Selektion nicht minder beteiligt. Im entscheidenden Moment ist mir leider meine Teamkollegin aufs Hinterrad gefahren, welches dann blockierte, und ich habe den Anschluss an die 1. Gruppe verpasst und einen Zeitrückstand von fast 12 Minuten kassiert, welcher leider am Ende ein gutes Gesamtklassement gekostet hat. Die 2. Etappe war dann tatsächlich eine Etappe für Sprinter. Der flache Rundkurs mit vielen Kurven über insgesamt 120 km fühlte sich an wie ein Kriterium, welcher am Ende von Bronzini gewonnen wurde. Ich kam leider 5 km vor dem Ziel durch einen Massensturz zum Stillstand, was mich viele Positionen kostete und rollte dann nur mehr ins Ziel.
Am 4. Tag stand endlich die erste bergige und auch längste Etappe von Caserta nach San Donato Val die Comino am Programm. Noch vor dem ersten Berg konnte sich eine 7-köpfige Spitzengruppe absetzen, wobei 4 Fahrerinnen bis ins Ziel durchkamen. Der erste längere Berg brachte die erste Selektion des Pelotons, jedoch fiel die Entscheidung dann erst am finalen Berg. Ich kam mit der ersten Gruppe ins Ziel und belegte den 39. Platz.
Die 4. Etappe (5. Tag) führte entlang der Küste von Alba Adriatica nach Jesi. An diesem Tag wurde dann endlich das Tempo einmal ein wenig herausgenommen und alles sollte sich auf den Zielsprint konzentrieren, aus dem ich mich dann aber heraushielt.
Auch die 5. Etappe von Jesi nach Cesenatico war dem Streckprofil nach wieder für Sprinter gemacht. Diese Etappe wurde geprägt von zahlreichen Attacken, wobei jedoch keine Gruppe wegkam. Nach einem kurzen Hügel 40 km vor dem Ziel folgte eine Abfahrt mit anschließender Fahrbahnverengung, welche mir zum Verhängnis wurde. Eine Fahrerin vor mir stürzte und ich konnte nicht mehr ausweichen und schlug einen Salto über sie. Leicht benommen stieg ich aber gleich wieder aufs Rad und konnte bald wieder zum Feld aufschließen. Mit voller Wut im Bauch beteiligte ich mich bis ins Ziel noch an zahlreichen Attacken, wobei es aber kein Wegkommen gab. So endete die Etappe wieder in einem Sprint, welchen Vos gewann. Im Ziel begutachtete ich dann mal meine Wunden, welche sich gottseidank auf ein paar Abschürfungen und Prellungen sowie einen gebrochenen Helm beschränkten.
Die 6. Etappe von Gaiarine nach San Fior hatte wieder ein paar Berge zu bieten. Schon nach dem ersten wirklich steilen 1,5 km Berg erfolgte die erste Selektion. Dann aber rollte das Feld wieder zusammen nachdem sich eine Gruppe mit der anschließenden Siegerin Emma Pooley vom Feld lösen konnte. Die endgültige Entscheidung brachte der letzte Berg mit 13 km und 1.000 Höhenmeter. Nachdem vorne 25 Fahrerinnen weg waren, befand ich mich in einer 12-köpfigen Verfolgergruppe und ich belegte am Ende den 30. Platz, mit dem ich nun wirklich einmal zufrieden war.
Die 7. Etappe startete im Schiort Aprica mit einem 13 km langen Downhill bevor es gleich einen 5 km Berg Vollgas raufging. Und ehe ich mich versah, befand ich mich in der 1. Gruppe mit rd. 25 Fahrerinnen. Leider lief dann das Feld wieder zusammen und ich hatte umsonst am ersten Anstieg viele Körner gelassen. Dann ging es flach bis ins Ziel in Chiavenna mit einem Sprintsieg von Vos. Bei mir wurde es noch ein 34. Platz.
Auf der 8. Etappe bekam ich meine Anstrengungen vom Vortag zu spüren. Mit Vollgas ging es über die ersten beiden Berge und auch im Flachen folgten immer wieder Attacken, weshalb das Tempo nicht nachließ. Die Etappe von Verbania nach San Domenico di Varzo endete mit einem 13 km langen Schlussanstieg, wo ich schon bald von der 1. Gruppe abreißen lassen musste, da ich mich richtig leer fühlte und so diese Etappe nur auf dem unglücklichen 38. Platz beenden konnte. Jetzt hatten sich die Strapazen der letzten Tage schon deutlich bemerkbar gemacht und ich war wirklich Hundemüde.
Und endlich war mit der 9. Etappe auch der letzte Tag des Giro Rosa gekommen. Wie gewohnt ging es auch am letzten Tag wieder mit Vollgas bis zum letzten 8-km Schlussanstieg nach Madonna del Ghisallo. Glücklicherweise fühlte ich mich wieder deutlich besser und ich konnte die letzte Etappe mit dem 30. Platz beenden. Aufgrund der anfänglichen Probleme wurde es Gesamt leider nur der 37. Platz. Aber ich bin dennoch zufrieden mit meiner Performance bei meinem ersten Giro d’Italia. Es war ein unglaubliches Erlebnis, die Organisation, die vielen Zuschauer und Anfeuerungen entlang der Strecke und das Medieninteresse. So etwas kann man sich in Österreich einfach überhaupt nicht vorstellen.
Nach 5 Rennmonaten habe ich jetzt eine Woche ohne Rad verbracht, leider nicht am Meer, so wie meine Teamkolleginnen, sondern im Büro. Jetzt befinde ich mich schon wieder in der 3. Trainingswoche, um mich auf die 2. Saisonhälfte mit dem Saisonhöhepunkt die Weltmeisterschaften in Ponferrada, Spanien, vorzubereiten. Am 20. August fliege ich dann zum Weltcup nach Schweden, wovon ich wieder berichten werde.