Thüringen Lotto Ladies Tour

Erstens kommt es anders, zweitens als du denkst, oder man muss es nur abwarten können. Denn eigentlich dachte ich, dass ich die Thüringen Rundfahrt nicht fahren würde, obwohl ich diese doch so gerne fahren wollte.  Und schließlich bin ich sie doch gefahren, und habe einen wesentlichen Beitrag zum Rundfahrtssieg leisten können.

Als ich dann nach der Baskenlandrundfahrt am Mittwoch um 5 Uhr in der Früh beim Frühstück saß bevor mein Flug um 7 Uhr nachhause ging, erfuhr ich von meiner Teamkollegin Eri, dass sie aufgrund eines Formtiefs die Thüringen Lotto Ladies Tour abgesagt hatte, für welche ich als Reserve nominiert war. Um 10 Uhr erfuhr ich dann am Flughafen in Frankfurt, dass ich nun für die Thüringen Rundfahrt nachnominiert wurde, welche bereits am Montag startete. Somit startete die nächste Stressserie, da ich arbeitsmäßig alles für die Rundfahrt organisieren musste. Mit unseren Landestag der Sportunion OÖ am Freitag endete noch ein Hardcore Arbeitstag bevor ich am Sonntag, gottseidank mit Auto, zur Thüringen Rundfahrt aufbrach. Und diese Rundfahrt wird mir sicher lange in sehr guter Erinnerung bleiben, denn ich habe zuvor noch nie erlebt, dass sich jedes einzelne Teammitglied für das Gelbe Trikot derart aufgeopfert hat.

 

Am Montag startete die Rundfahrt um 18 Uhr in Scheusingen mit einem Rundkurs über gesamt 82 km und Lisa sprintete gleich mal auf den 3. Platz. Am nächsten Tag ging es Rund um Meiningen über 136 km und unser Team arbeitet hart, um die Ausreißergruppe wieder einzuholen. Der einsetzende Regen erschwerte das Rennen und auf den letzten 3 kam es zu mehreren Stürzen. Während ich gerade noch ausweichen konnte, stürzte meine Teamkollegin Grace Brown schwer und brach sich leider die Rippen, womit ihre Rundfahrt beendet war. Emilia konnte Lisa noch perfekt positionieren und Lisa holte erneut den 3. Platz.

Etappe 3 führte mit 131 km Rund um Schleiz. Emilia war gleich zwei Mal in der Spitzengruppe vertreten. Wir entschieden uns aber mit den anderen Teams zu arbeiten, um Lisa’s Chancen auf das GC nicht zu riskieren und Lisa sprintet auf Platz 2 und reihte sich dank der Bonussekunden auch im GC auf Platz 2 ein.

 

Etappe 4 Rund um Gera mit 118 km  wurde zu einer großen Herausforderung. Zunächst waren Emilia und ich mehrmals in Ausreißergruppen vertreten, durften aber nicht arbeiten, da wir ja auf das GC fuhren. Somit wurden die Gruppen immer wieder eingeholt. Während einer Unachtsamkeit unsere Teams attackierte Team Sunweb nach einer Ortdurchfahrt und nur Lisa schaffte den Sprung noch ganz knapp in die Spitze. Jetzt mussten wir richtig hart arbeiten um die Spitze wieder einzuholen, da wir in einer äußerst ungünstigen Situation waren. Der Regen auf den Kopfsteinpflastern und nicht gesicherte Straßen durch Merane machten unser Unterfangen nicht gerade einfacher. Aber wir gaben alles und holten schließlich Lisas Gruppe wieder ein. Danach konnten Emilia und ich sogar noch alle weiteren Attacken neutralisieren und Lisa perfekt für den über Straßenbahngleise führenden Sprint vorbereiten. Und endlich war er da: der erste Etappensieg von Lisa und ich schaffte auch noch den Sprung auf Platz 18.

Etappe 5 starte wieder einmal spät um 17 Uhr und führte 4 Runden über den steilen Hankaberg. Wieder wurde von Beginn an aggressiv gefahren und ich folgte sämtlichen Attacken bis ich mich mit der Trägerin des Gelben Trikots Coryn Rivera und Trixi Worrack in der Fluchtgruppe befand. Trixi fuhr wie besessen und ich hatte echt zu kämpfen, dass ich ihr Hinterrad halten konnte. Zunächst wechselte ich noch die Führungsarbeit mit ihnen, als der Vorsprung aber zu groß wurde, ließ ich aus, was dann dazu führte, dass sie mich abwechseln an attackierten und ich irgendwann nicht mehr folgen konnte. Zurück in der Verfolgergruppe machte ich noch einmal mit meinen Teamkolleginnen Tempo und so stellten wir die beiden vor dem Hankaberg-Finish. Während ich am Fuße des Berges abstellte und nur noch hinaufrollte, finishte Lisa auf Platz 4 und schlüpfte ins Gelbe Trikot. Die Freude im Team war auf der einen Seite natürlich riesig, auf der anderen Seite hieß das natürlich noch mehr Arbeit um das Trikot zu verteidigen. 

Die 6. Etappe sollte mit 142 km und 2 langen Bergen die Königsetappe werden. Ziel war es, dass Emilia und ich immer bei Lisa bleiben sollten. Schon nach wenigen Kilometern formierte sich eine Ausreißergruppe mit für das GC unbedeutenden Fahrerinnen. Wir hatten Macey Steward in der Gruppe. Team Sunweb machte am 1. Berg das Tempo und das Feld dezimiert sich auf rund 15 Fahrerinnen, wo nur noch Lisa und ich vertreten waren. Nach dem 2. langen Berg holten wir die Ausreißergruppe ein. Jetzt war der Kampf eröffnet, 6 Sunweb gegen 3 WiggleHigh5. Ich folgte nahezu jeder Attacke, hielt Lisa aus dem Wind und wuchs an diesem Tag so über mich hinaus, dass ich es gar nicht glauben konnte. Bei der 3-km Marke wusste ich, dass jetzt nichts mehr passieren konnte und Lisa finishte noch einmal mit einem 3. Platz am Podest und behielt somit das Gelbe Trikot. 

Jetzt lag es nur noch an Lisa das Gelbe Trikot nachhause zu bringen. Denn am letzten Tag stand ein Einzelzeitfahren Rund um Schmölln mit 18,7 km am Programm. Lisa war sensationell, holte den 2. Platz hinter Ellen van Dijk und sicherte uns somit des Gelbe Trikot. Ja, wir hatten das Gelbe Trikot gewonnen!!! Ich kann euch gar nicht sagen, was das für ein Gefühl ist. Ein Team – ein Ziel. WE DID IT!!!! Ich durfte mich ganz nebenbei noch über den 10. Platz im EZF freuen, speziell auch deswegen, weil ich trotz der vielen Arbeit, die ich für Lisa die letzten Tage geleistet hatte, um fast 1 Minute schneller war, als im Jahr zuvor. Das stimmte mich zuversichtlich für meine nächsten Aufgaben! Jetzt ging es aber mal heim für einen Tag, um die Koffer für das anstehende Höhentrainingslager in Livigno zu packen.

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